Abenteuer mit Moni (32)


Erschrocken riss Franzi die Augen auf und musste auch gleich dreimal kräftig niesen. „Haptschi! Haptschi! Haptschi!“ Ganz verschlafen blickte er sich um. Was sah er da? Seine kleine Schwester Franziska saß neben seinem Schlafplatz, hielt eine rabenschwarze Feder in der Hand und kicherte. „Na, warte! Wenn ich dich erwische!“, rief Franzi und sprang auf seine kurzen Drachenbeine. Hatte ihn doch seine kleine Drachenschwester tatsächlich an der Nase gekitzelt, während er noch schlief. Doch Franziska war schneller. Sie sauste zu Drachenmama Frieda und versteckte sich hinter ihr. Mama Frieda lachte herzlich. Ein munteres Gerangel spielte sich da rund um Mama ab. Franziska war so flink, dass Franzi sie nicht erreichen konnte. Schließlich gab er auf und meinte: „Es ist nicht aller Tage Abend. Ich erwische dich schon einmal und dann kitzle ich dich so lange, bis du vor Lachen umfällst.“ Mama Frieda lachte noch immer. Dann forderte sie die beiden Drachenkinder auf, sich an den Frühstückstisch zu setzen.

Es wurde still, denn die beiden ließen sich den Brei mit frischen Waldbeeren schmecken. Franzi trank dazu seinen heißgeliebten Kräutertee. Diese spezielle Mischung machte Mama jedes Jahr für ihn.

„Beeil dich Franzi!“, sagte Mama, „Heute willst du doch mit Moni einen Ausflug machen. Ihr habt ihn schon einmal verschoben. Das Wetter ist heute herrlich und ich glaube, Moni hat sich eine besonders schöne Wanderung ausgesucht. Gleich wird sie da sein. Du weißt die Drachenbeißerchen und das Schuppenkleid müssen noch geputzt werden. Los jetzt!“

Das ließ sich Franzi nicht zweimal sagen. Er sauste los und war bald mit strahlenden Beißerchen und einem wunderschön polierten Schuppenkleid zurück. Mama übergab ihm den kleinen Wanderrucksack, der mit allerlei Köstlichkeiten gefüllt war. Nun konnte Moni kommen. Unser kleiner Drache war startbereit.

Kurz darauf hörte Franzi bereits, dass ihn seine Freundin rief. Er verabschiedete sich von Drachenmama Frieda und seiner Schwester. Mama bemerkte noch, dass er vor Sonnenuntergang wieder zuhause sein müsse. Dann lief er aus der Höhle.

Und da stand sie. Franzi hatte mit Moni seit letzten Winter nichts mehr unternommen, doch
jetzt in den Ferien war es endlich soweit. „Guten Morgen, Moni!“, rief Franzi und sauste zu ihr. Moni strahlte den kleinen Drachen an und sagte vorwurfsvoll: „Endlich hast du auch für mich Zeit. Ich habe mir eine Überraschung für dich ausgedacht. Schnell mach dich unsichtbar, damit wir losgehen können. Du bleibst immer hinter mir!“

Franzi wollte nun unbedingt wissen, wo es hinging, doch Moni gab sich sehr geheimnisvoll. Also, dreimal an der blauen Zauberschuppe gerieben und – SCHWUPPDIWUPP – war der kleine Drache unsichtbar.

Moni wanderte in eiligen Schritten los, sodass ihr Franzi mit seinen kurzen Drachenbeinen fast nicht folgen konnte. Bald schmerzten ihn die Beine, deshalb erhob er sich kurzerhand in die Luft und flatterte knapp über dem Boden hinter seiner Freundin her. Schließlich war er ja ein Flugdrache und kein Wanderdrache.

Bald begann Moni ein Lied zu singen: „Ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm und vorwärts, rückwärts, seitwärts, stopp! Eins, zwei, drei, …“ Dabei machte sie auch wirklich plötzlich einen Schritt rückwärts, einen Schritt seitwärts und blieb dann kurz stehen, um wieder von vorne zu beginnen. Oje! Der kleine Drache war nicht darauf gefasst. Bei dem Schritt rückwärts konnte er gerade noch ausweichen, aber bei STOPP passierte das Unglück. Franzi flatterte direkt hinter Moni knapp über dem Boden  her und konnte nicht mehr bremsen. Mit einem Rumms stießen die beiden zusammen. Moni fiel in die Latschenkiefern, die neben dem Weg wuchsen und Franzi plumpste vor Schreck auf sie drauf.

„Au, au!“, jammerte Moni. Die Nadeln der Latschenkiefer pieksten sie ordentlich, doch sonst war gottlob nichts passiert. Das Schuppenkleid bewahrte den kleinen Drachen vor der Piekserei.

„Tut, tut, tut mir leid!“, stotterte der kleine Drache, „Du musst mir schon sagen, wenn du plötzlich stehen bleibst!“ Moni lachte: „Es ist ja nicht viel passiert. Die paar Piekser halte ich schon aus.“

Die beiden halfen sich gegenseitig hoch, so gut es mit einem unsichtbaren Drachenkind ging, und dann ging es weiter. Moni sang immer wieder ihr Wanderlied. Franzi wusste nun sch
on, dass er aufpassen musste.

Nach einiger Zeit, sie waren über den Weg durch das Edltal bis zur Abzweigung zur „Rieder Hütte“ gekommen, flüsterte Moni geheimnisvoll: „Gleich wirst du staunen. Es ist nicht mehr weit.“ Franzis Freundin ging nun ein wenig schneller. Sie nahmen den Weg, der rechts abzweigte und gelangten bald in ein Tal. Der kleine Drache kannte sich hier aus, weil er seine Mama bereits ein paarmal hierher begleitet hatte, um Kräuter zu sammeln. Die Landschaft wurde immer felsiger. Neben dem Weg wuchsen nur noch wenige Latschenkiefern. Da und dort blühte noch ein Enzian oder eine Alpenglockenblume. Bald würden alle Blumen verblühen, wenn der Herbst am Berg Einzug hielt.

„Wir sind bald da!“, sagte Moni zu dem für die Menschen unsichtbaren Drachen, der da hinter ihr her flatterte. Nun folgte Moni einem kaum erkennbaren Weg, den die Jäger und einzelne Bergsteiger benutzten. Franzi überlegte. „Das kann doch nicht sein! Ich glaube, ich weiß wohin wir wandern“, dachte er, sagte aber nichts. Höher und höher stieg Moni die Felsen hinauf. Franzi flog ihr immer hinterher.

Plötzlich blieb seine Freundin stehen und zeigte auf eine Mulde, die von Latschenkiefern umwachsen war. „Was soll da sein?“, fragte Franzi. „Schau genauer hin!“, riet sie. Vorsichtig ließ sich Franzi zu Boden sinken und sah sich um. Kein Mensch weit und breit! Schnell rieb er seine Zauberschuppe. SCHWUPPDIWUPP! Der kleine Drache saß neben Moni und blickte angestrengt zur Mulde. „Ich sehe nichts!“, erklärte Franzi. Moni schob vorsichtig einige Zweige der Latschenkiefern auseinander. Da sah er es endlich: Ein großes Loch im Felsen hatte sich hinter den Zweigen versteckt. Eine Doline, oder war es gar eine richtige große Höhle?

Der kleine Drache wusste, dass man sehr vorsichtig sein musste, denn diese Felslöcher führten oft tief in den Berg hinein und waren sehr gefährlich. Er hatte schon davon gehört, dass es am Feuerkogel eine richtige Eishöhle gibt. Die Höhlenforscher hatten in den letzten Sommern immer wieder nachgeforscht und man erzählte sich, dass es in dieser Höhle wunderschöne Eiszapfen und ganze Säulen aus Eis gäbe. Wollte Moni da wirklich mit ihm hineingehen? Franzi war etwas ängstlich.

„Wollen wir da hinein?“, fragte er seine Freundin. Moni nickte: „Ja, aber nur ein kleines Stück. Ich war extra gestern noch mit meinem Onkel Rudi hier. Er ist Höhlenforscher und hat mit mir ein Seil gespannt, damit wir ein kleines Stückchen hineingehen können. Er weiß, wo wir sind. Nun komm schon!“ Franzi überlegte und fragte schließlich: „Bist du dir sicher, dass das nicht gefährlich ist?“ „Natürlich müssen wir aufpassen und können nur ein kurzes Stück hineingehen“, antwortete Moni. Sie holte ein Seil aus ihrem Rucksack und band es dem kleinen Drachen um den Bauch. Auch sie seilte sich an, indem sie ihr Seil mit dem Seil am Höhleneingang verhakte. Auch Franzi wurde ebenso gesichert.

„Hole deinen Helm aus deinem Rucksack! Deine Mama hat ihn dir eingepackt. Ich habe sie darum gebeten“, forderte Moni den kleinen Drachen auf. Auch sie setzte einen Helm auf, an dem eine Lampe befestigt war.

Endlich wagten sie sich durch den Eingang. Moni ging voran. Mit ihrer Lampe beleuchtete sie die nassen Höhlenwände. Das sah schön aus. Franzi stolperte hinter ihr her. Manchmal war ihm sein Drachenschwanz im Weg.  Stetig ging es voran. Moni blieb stehen und deutete Franzi, sich neben sie zu stellen.

Die Höhle war nun viel größer geworden. Sie standen vor einer großen Halle im Felsen. Auf der gegenüberliegenden Seite glitzerte es. Moni leuchtete mit einer weiteren Lampe, die sie mitgebracht hatte in die Höhle. „Wow! Ist das schön!“, rief Franzi, „So etwas Schönes habe ich noch nie gesehen. Das sind aber riesige Eiszapfen. Sie sind wunderbar. In der Gassl – Höhle, wo ich im letzten Sommer mit Drachenpapa Fridolin war, gibt es auch wunderschöne Zapfen
und Säulen, aber die sind aus Tropfstein und glitzern weniger, dafür sind sie gemustert.“ Mit offenem Drachenmaul betrachtete Franzi staunend die Glitzerwelt, die da vor ihm lag. „Na, gefällt es dir?“, wollte Moni wissen. Franzi nickte. Langsam wurde ihm kalt. Auch Moni meinte: „Mir ist kalt! Gehen wir zurück!“

Als sie wieder ans Tageslicht kamen, löste Moni die Seile und packte sie wieder ein. „Du darfst niemandem von der Höhle erzählen. Das muss ein Geheimnis bleiben, denn für Leute, die sich hier nicht auskennen, kann es gefährlich werden. Versprich mir, dass du es nicht weitererzählst!“, sagte sie. Franzi versprach es und machte sich für den Rückweg wieder unsichtbar.

„Danke, Moni, dass du mir diese Höhle gezeigt hast. Das war ein aufregender und wunderschöner Ausflug!“, flüsterte Franzi seiner Freundin ins Ohr. Dann suchten sie sich ein verborgenes Plätzchen im Felsental, um Rast zu machen und die Köstlichkeiten zu verspeisen.

Frisch gestärkt von ihrem Picknick wanderten die beiden zurück. Naja, Franzi flatterte zurück. Ihr wisst ja, dass ihn seine kurzen Drachenbeinchen schmerzen, wenn es über Stock und Stein ging.


Zurück vor dem Eingang der Drachenhöhle machte Franzi sich wieder sichtbar. SCHWUPPDIWUPP, stand er vor Moni. Sie verabschiedete sich von dem kleinen Drachen: „Wir müssen bald wieder einen Ausflug machen. Jetzt beginnt die Schule wieder, da werden wir nicht so viel Zeit haben, aber in den nächsten Ferien schaffen wir es bestimmt.“ Dann gab sie Franzi einen Schmatz auf die grüne Drachenwange. Der kleine Drache wurde ein bisschen rot im grünen Drachengesicht, aber es gefiel ihm. Moni winkte zum Abschied und war bald hinter dem Hügel verschwunden.

Als Franzi in die Drachenhöhle kam, erzählte er seiner Mama fast alles, denn ein bisschen hatte ihr ja Moni erzählt, damit Mama Frieda den Helm für ihn einpacken konnte. Was der kleine Drache dort Wunderschönes gesehen hatte, blieb jedoch sein Geheimnis.

Das Wanderlied:

„Eins, zwei, drei, vier fünf, sechs, sieben,

ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm (oder: ein Damenunterrock),

und vorwärts, rückwärts, seitwärts, STOPP.“

Bei jeder Wortsilbe macht man einen Schritt nach vorne. Bei „vorwärts“ einen Schritt nach vorne, bei „rückwärts“ einen Schritt zurück, bei „seitwärts“ – ein Schritt zur Seite und bei „Stopp“ bleibt man stehen. Dann geht das ganze wieder von vorne los. So kommst du schnell ans Wanderziel!


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