Ein kühles Bad im Mondenschein (28)
Franziska besucht nun schon täglich den Drachenkindergarten. Franzi freut sich, dass sie ebenfalls Edith zu ihrer Lieblingskindergärtnerin erkoren hat. Wenn Franziska am Nachmittag mit Drachenpapa Fridolin zurück in die Drachenhöhle kommt, muss sie Franzi jeden Tag sooo viel erzählen. An diesem späten Nachmittag hatte der kleine Drache jedoch keine Zeit, ihr zuzuhören. „Jetzt nicht!“, rief er seiner kleinen Drachenschwester zu und war auch schon aus der Höhle hinausgeschlüpft. „Halt!“, donnerte da die Stimme seines Vaters. Franzi blieb stehen und drehte sich um. „Mama Frieda hat mir erlaubt, Hetty und den kleinen Stier Franzi zu besuchen“, sagte Franzi etwas trotzig. Aus seinen Ohren und den Nasenlöchern qualmte es ein wenig. „Na, na! Nicht so schnell! Sag einmal, so kenne ich dich gar nicht. Du brauchst nicht zu qualmen!“, antwortete Drachenpapa Fridolin ruhig. Der kleine Drachen kam nun zurück in die Höhle und sah Papa bittend an: „Bitte, Papa!“ Drachenpapa Fridolin musste lächeln. Die Bitte des kleinen Drachen kam aus tiefstem Herzen und Franzi blinzelte ihn
treuherzig an.
„Wenn du mir erst zuhörst, wirst du staunen. Ich habe eine
Überraschung für dich“, sprach Papa Fridolin. Franzi wusste nicht so recht, was
das für eine Überraschung sein könnte. „Mama, weißt du, welche Überraschung
Papa für mich hat?“, wandte sich Franzi an Mama Frieda. Doch wie immer lächelte
sie nur geheimnisvoll. „Wir gehen heute baden“, verriet Drachenpapa Fridolin, „Auch
Drachenkinder sollten schwimmen lernen. Es ist höchste Zeit, dass auch du
schwimmen lernst.“.
„Du wirst begeistert sein!“, meinte Mama Frieda. Franzi
blickte etwas erschrocken drein. Er war sich nicht sicher, ob er überhaupt ins
Wasser gehen wollte, um zu baden. Neiiin! Brrr! Noch viel weniger konnte er
sich vorstellen, schwimmen zu lernen. Jetzt spuckte er sogar ein wenig
Drachenfeuer, weil er so ein mulmiges Gefühl in seinem Drachenbauch spürte.
Franzi tat etwas, was er schon lange nicht mehr gemacht hatte: Er kaute auf
seiner Kralle. Drachenmama Frieda tröstete Franzi: „Papa wird gut auf dich aufpassen
und ich weiß, dass du es schaffen wirst. Bald schwimmt mein Drachenkind, wie
ein Drachenfisch im Wasser.“ Da war sich der kleine Drache gar nicht so sicher.
Misstrauisch beobachtete er, wie Drachenpapa Fridolin einige Dinge aus der
Kellerhöhle holte und in einen großen Sack packte.
Franzi überlegte und überlegte, was er sagen könnte, warum
er nicht ins Wasser kann. Doch Papa Fridolin kannte sein Drachenkind. „Nun komm
schon! Wir müssen los.“ Er schnappte Franzi an der Vordertatze und schon
standen die beiden vor der Drachenhöhle. Eins, zwei, drei und SCHWUPPDIWUPP!
Drachenpapa Fridolin war unsichtbar. Eins, zwei, drei und SCHWUPPDIWUPP! Auch
Franzi hatte an seiner Zauberschuppe gerieben.
Mit einigen raschen Flügelschlägen erhoben sich die beiden
in die Lüfte. „Bleib dicht hinter mir!“, flüsterte Papa dem kleinen Drachen zu.
Nun flogen sie über das Drachental, rechts vorbei an der Drachenschule im
Drachenfelsen, ein kleines Stück über den Drachensee und dann wandte sich Papa
Fridolin nach links. Immer höher stiegen sie in die Luft, damit die über die
Berge fliegen konnten. Plötzlich entdeckte Franzi einen See. „Papa, sind wir
schon da?“, fragte er. Papa Fridolin schüttelte den mächtigen Drachenkopf:
„Nein! Dort sind zu viele Menschen, sogar am Abend.“
Noch einmal ging es aufwärts über den Gipfel eines Berges,
den Franzi noch nie gesehen hatte. Mit der rechten Tatze zeigte Drachenpapa
Fridolin auf einen kleinen See, der ganz versteckt in einer Bergmulde lag. Die
beiden ließen sich am Ufer nieder. Die Sonne war bereits hinter den Gipfeln im
Westen verschwunden und langsam wurde es dunkel.
Jetzt holte Papa Fridolin einige Sachen aus dem Sack und legte sie zunächst auf die Bergwiese. Franzi betrachtete die Dinge, die gleich darauf ausgebreitet vor ihm auf der Decke lagen, die Papa ebenfalls mitgebracht hatte. Da waren: eine Badehose für Franzi, eine Badehose für Papa, zwei Handtücher und eine lange Stange, an deren Ende eine dicke Schnur befestigt war. Am anderen Ende der Schnur war eine Schlinge aus Draht. Der kleine Drache wunderte sich und fragte: „Wozu brauchst du den Stock mit der Schnur, Papa?“ Drachenpapa Fridolin schmunzelte und meinte nur: „Das wirst du schon sehen. Rasch, zieh deine Badehose an und komm!“
Papa Fridolin nahm die Stange und ging ein paar Schritte zum
Bergsee. Er wartete bis Franzi ihm hinterherkam. Nun legte Papa die Schlinge um
Franzis Drachenbauch. „So kann dir nichts passieren! Ich halte dich fest. Schau
her! Es geht so! Papa Fridolin legte die Stange ab und stieg ins Wasser. Immer
weiter entfernte er sich vom Ufer, von wo aus Franzi aufmerksam zusah.
Drachenpapa Fridolin bewegte die Vordertatzen und teilte das
Wasser vor ihm. Außerdem wedelte er mit dem mächtigen Drachenschwanz.
Pfeilschnell erreichte er das andere Ufer.
Als er wieder zurück bei Franzi war, zeigte er ihm noch
einmal, wie er die Tatzen und den Drachenschwanz bewegen musste. Der kleine
Drache sagte gar nichts. Ihm war ganz schön mulmig zumute. „Nun geht’s los!“,
sagte Papa und zog Franzi mit der langen Stange an der Schnur ins Wasser. Der
See war an dieser Stelle nicht tief. Das Drachenkind konnte den Grund immer
noch mit den Drachenbeinen spüren. Plötzlich fühlte er, wie er von der Schnur
und der Schlinge gehalten wurde. Das Wasser war sehr kühl, aber nicht unangenehm.
Franzi schwebte durch das Wasser und machte die Bewegungen, die Papa ihm
vorgezeigt hatte. „Du machst das sehr gut, Franzi“, lobte ihn Drachenpapa
Fridolin. Immer wieder übte der kleine Drachen mit Papas Hilfe das Schwimmen.
„Bravo, Franzi!“, rief Papa seinem Sohn zu. Plötzlich spürte
das Drachenkind die Drahtschlinge um seinen kleinen Drachenbauch nicht mehr. „Du
schwimmst schon ganz allein. Komm her zu mir!“, forderte Papa Franzi auf.
Franzi schwamm auf ihn zu. Und er schwamm und schwamm: um Drachenpapa Fridolin
herum, zum Ufer und zurück. „Wie ein Drachenfisch im Wasser!“, meinte Papa.
Drachenmama Frieda hatte es vorhergesehen. Franzi liebte es,
durch das Wasser zu gleiten.
Vor lauter Begeisterung hatte der kleine Drache
nicht bemerkt, dass der Mond bereits rund und groß am Himmel stand. „Vollmond“,
dachte Franzi und schaute in den Himmel.
Oje, er war nur kurz unachtsam gewesen. Eine kleine Welle
schwappte über sein Drachengesicht. Franzi strampelte und strampelte. Da war
Drachenpapa Fridolin auch schon zur Stelle und zog den kleinen Drachen aus dem Wasser.
Franzi hustete und spuckte. Ein wenig Wasser hatte er wohl geschluckt. „Das ist
nicht so schlimm. Alleine darfst du aber noch nicht schwimmen. Wir müssen mehr
üben“, erklärte der Drachenpapa.
Die beiden setzten sich ans Ufer des Bergsees und streckten ihre Drachenbeine ins Wasser.
Papa Fridolin lehnte sich zurück ins Gras. Franzi legte sich daneben. „Ist das schön!“, flüsterte Franzi, als er in den Sternenhimmel schaute. „Es ist fast so schön wie damals im Winter auf dem Feuerkogel, als wir die Polarlichter gesehen haben.“
Einige Zeit genossen Papa und Franzi die Ruhe, bis Papa
sagte: „Wir müssen nach Hause! Es ist schon spät.“
„Schade!“, murmelte Franzi und wunderte sich über sich
selbst, weil er zuerst nicht mitkommen wollte.
„Bald hast du Ferien! Dann können wir öfter hierherkommen“,
versprach Papa.
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