Kranawitha geht auf Reisen - Siegi zieht bei Franzi ein (13)
Als Franz von der Drachenschule zum Höhleneingang geflogen kam, sah er dort Drachenpapa Fridolin
mit der Hexe Kranawitha sprechen. „Seltsam!“, dachte Franzi, „Kranawitha ist nicht alleine gekommen.“ Franzi ließ sich in der Nähe zu Boden sinken und staunte, denn neben Kranawitha stand ein riesiger, von einer Wolldecke verhüllter Vogelkäfig. Der war fast so groß wie Franzi. Die schneeweiße Katzendame Morgana war auch dabei. Sie saß anmutig auf einer großen, ledernen Reisetasche.Franzi begrüßte die Hexe, auch Papa Fridolin. Schon wollte
er an ihnen vorbei in die Höhle schlüpfen, da rief ihn sein Vater zurück:
„Franzi, komm doch einmal her!“ Als Franzi vor Kranawitha stand, lächelte sie
in aus ihrem faltigen Gesicht an. „Kranawitha muss verreisen. Sie macht sich
gleich auf den Weg zum Zwergenkönig Rötel, um ihm bei einer schwierigen Aufgabe
zu helfen. Sie möchte dich etwas fragen.“, erklärte Drachenpapa Fridolin.
„Franzi, ich muss verreisen und kann meine beiden Haustiere
nicht mitnehmen. Wärst du so lieb, die beiden zu betreuen, während ich weg bin?
Es sind nur ein paar Tage.“, wollte die Hexe wissen.
Der kleine Drache überlegte nicht lange: „Gerne mache ich
das für dich! Ich werde gut auf die beiden achtgeben! Morgana kenne ich ja
schon, aber wer ist da unter der Decke im Käfig?“ Drachenpapa Fridolin lachte und Kranawitha
zwinkerte ihm zu.
Was hatte das zu bedeuten? Welches Geheimnis verbarg sich
unter der Decke? Franzi war sehr neugierig geworden. Und, warum lachte Papa
Fridolin? Vorsichtig hob Franzi die Decke an einer Ecke an. Was sah er da! Im Käfig
saß auf einer Stange eine rabenschwarze Bergdohle. Diese Vögel hatte der kleine
Drache schon oft gesehen.
Sobald der Vogel
etwas Licht sah, begann er mit den Flügeln zu schlagen und aufgeregt herum zu hüpfen,
so gut das eben in einem Käfig ging. Kranawitha nahm die Decke vollständig vom
Käfig und versuchte die Dohle zu beruhigen: „Ist ja schon gut! Das ist Franzi.
Er wird auf dich aufpassen, bis ich wiederkomme. Dir wird es an nichts fehlen.
Schschsch!“ Da krächzte die Bergdohle: „Siegi
will raus, will raus!“
Unser kleiner Drache war so erschrocken, dass er einen Satz
nach hinten machte. Dabei stolperte über
einen Stein und landete auf seinem
Drachenpopo. „Ohje!“, rief Kranawitha, „Hast du dich verletzt?“
„Nein, nein!“, erwiderte Franzi und rappelte sich hoch. Drachenpapa Fridolin wischte ein paar Latschenkiefernadeln aus Franzis Schuppenkleid. Da ertönte aus dem Käfig erneut die kratzige Stimme der Bergdohle: „Franzi plumps, Franzi plumps!“ Die Hexe Kranawitha seufzte und sah Papa Fridolin an. Dann sagte sie leise nahe an Franzis Ohr: „Tut mir leid, aber ich muss dir sagen, dass Siegi ein Frechdachs ist. Glaubst du, du schaffst es, auf ihn aufzupassen?“
Franzi nickte und Drachenpapa Fridolin erklärte, dass auch Drachenmama
Frieda mithelfen würde.
Nun war die Hexe Kranawitha sehr erleichtert. Sie
verabschiedete sich. Die schneeweiße Katzendame Morgana stieg träge von der
Reisetasche, rieb ihr Köpfchen an der Hand der Hexe und strich noch einmal um
ihre Beine. Rasch setzte sich Kranawitha auf die Reisetasche und flog in einem
großen Bogen über den Feuerkogel auf den Drachensee zu. Sie winkte zurück und
rief: „In ein paar Tagen bin ich wieder da!“
Da standen sie mit den zwei neuen Mitbewohnern. Drachenpapa
Fridolin legte die Decke wieder über den Vogelkäfig und trug ihn in die Höhle.
Dort stellte er ihn in eine Ecke nahe bei Franzis Latschenkieferteppich. „Schau,
Kranawitha hat auch Futter mitgebracht. Siegi liebt Nüsse und Beeren. Sie hat
dir auch aufgeschrieben, wie viel er jeden Tag bekommt.“
Morgana war beinahe unbemerkt auf leisen Pfoten in die Höhle
geschlüpft und machte es sich auf Franzis Teppich gemütlich. Sie rollte sich
ein, warf noch einen Blick auf Franzi und schloss dann die Augen, um ein
Nickerchen zu machen. Unser kleiner Drache war überzeugt, dass die Katzendame
sicher keine Probleme bereiten würde. Da war er sich bei Siegi, der Dohle, jedoch
nicht so sicher.
Nach dem Nachtmahl zu dem Franzi eine seiner Lieblingsspeisen bekommen hatte – nämlich Grießbrei mit Schokolade, legte sich Franz zu Morgana auf den Teppich. Drachenpapa Fridolin deckte ihn mit der weichen Schafwolldecke zu und wünschte Franzi eine gute Nacht. Die kleine Drachenschwester Franziska nuckelte noch an einem Fläschchen und wurde danach in das Drachenkinderbettchen gelegt.
Bald darauf wurde es still in der Drachenhöhle. Nur Drachenpapa
Fridolins leises Schnarchen war zu hören und auch der kleine Drache schlief
bald ein.
Schon nach kurzer Zeit wurde er wieder geweckt. Im
Vogelkäfig wurde ordentlich Radau gemacht: „Franzi, Ranzi, Kranawitha,
Babysitter! Raus! Siegi will raus! Aus Maus, Siegi will raus!“, krächzte die
Bergdohle in einem fort. Franzi stand auf und ging zum Käfig. Er nahm aus der
Futterkiste eine Heidelbeere und hielt sie durch die Gitterstäbe. Die Bergdohle
kam mit ihrem scharfen langen Schnabel näher. Siegi legte sein Köpfchen einmal
nach links, dann wieder nach rechts um genau sehen zu können, was Franzi da für
ihn hatte. Erstaunlich vorsichtig nahm der Vogel die Heidelbeere aus den Klauen
des kleinen Drachen. Da erst wurde Franzi klar, dass es nicht ungefährlich war,
seine Tatzen so nahe an den Schnabel einer Bergdohle zu bringen. Aber es war ja
gut gegangen. Siegi hob den Kopf und ließ die Beere in seinem Hals
verschwinden.
Von dem Radau war auch Drachenmama Frieda aufgewacht. Sie
kam nun zu Franzi und flüsterte: „Auf diesen kleinen Frechdachs werden wir wohl
gut aufpassen müssen. Der hat es faustdick hinter den Ohren. Schnell lege die
Decke wieder über den Käfig, dann wird er ruhig. Das darfst du jetzt am Abend nicht
vergessen, sonst weckt uns der Vogel immer wieder.“
Franzi legte die dicke Wolldecke über den Käfig und sah
noch, wie Siegi sein Köpfchen unter den rechten Flügel steckte, um zu schlafen.
Drachenmama Frieda strich Franzi noch einmal über den grünen
Haarschopf und legte sich wieder hin. Auch der kleine Drache rollte sich auf
seinem Teppich ein. Er spürte, wie die Katzendame Morgana ganz nah zu ihm rückte
und schnurrte. Fast sofort schlief das Drachenkind wieder ein.
Drachenpapa Fridolin und Franziska hatten tief und fest weitergeschlafen und gar nichts bemerkt.
Was würde der nächste Tag mit der frechen Bergdohle bringen?
Das erfahrt ihr in der nächsten Geschichte.
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