Franzi ist grantig (24)
Seit Tagen hatte Franzi schlechte Laune. Nur mühsam kam er am Morgen aus dem Drachenbett. Drachenmama Frieda schüttelte beinahe ständig den Kopf, wenn sie ihr Drachenkind anschaute. Besonders missmutig, ja eigentlich grantig wurde Franzi, wenn seine kleine Schwester Franziska unbedingt mit ihm spielen wollte. „Geh weg, lass mich in Ruhe!“, fauchte er und stieß dabei kleine Rauchwölkchen in die Luft. Franziska war dann jedes Mal beinahe am Weinen und Mama Frieda musste sie trösten.
Als es an diesem Nachmittag wieder fast zum Streit zwischen
Franzi und Franziska kam, fragte Drachenmama Frieda: „Jetzt sag einmal, was ist
mit dir los, Franzi? So kenne ich dich ja gar nicht. Seit Tagen bist du
unleidlich.“ Der kleine Drache sah seine Mutter mit großen Augen an und meinte:
„Darf man nicht auch einmal nicht so lieb und brav sein? Und außerdem mag
Franziska immer nur Babykram spielen.“ „Aha!“ antwortete Mama Frieda, „Der
junge Drachenherr ist sich zu gut, um mit seiner kleinen Schwester zu spielen.
Er ist ja jetzt ein großes Drachenschulkind und da spielt man doch nicht mit der
kleinen Drachenschwester.“ Mehr sagte sie nicht. Drachenmama Frieda ging wieder
an die Arbeit. Sie wollte gerade frisches Drachenbrot backen. Ohne ein Wort
stellte sie einen Hocker zum Tisch, hob Franziska hoch und zeigte ihr, wie sie
beim Kneten helfen konnte.
Der kleine Drache schmollte in seiner Ecke. Er saß auf dem
Latschenteppich und stierte vor sich hin.
Schließlich nahm er ein Buch und begann darin zu lesen. Es war eine lustige Geschichte.
Franzi wollte eigentlich gar nicht lachen, aber es kullerte einfach aus ihm heraus.
„Worüber lachst du?“, wollte Mama Frieda wissen. Hastig
erzählte Franzi die Geschichte und da musste auch Mama Frieda lachen. Dann aber
wandte sie sich wieder ihrer Arbeit und der kleinen Franziska zu.
Vor dem Höhleneingang hörte man nur den Wind pfeifen. Schon
seit einiger Zeit hingen Wolken über dem Feuerkogel. Der Schnee war geschmolzen.
Die Sonne wollte und wollte sich nicht zeigen. Der Wind pfiff über den Berg.
Draußen war es einfach ungemütlich. Franzi seufzte. Er seufzte noch einmal.
Doch dann kam es aus ihm heraus: Drachenfeuer und Drachenqualm aus Nase, Ohren
und dem Drachenmaul.
Erschrocken wandten sich Drachenmama Frieda und Franziska
dem kleinen Drachen zu. Da kam Drachenpapa Fridolin zum Höhleneingang herein. „Was
ist denn hier los? Franzi, was soll das?“, rief er überrascht. Drachenmama
Frieda und Drachenpapa Fridolin sahen sich fragend an.
„Mir ist soooo fad! Ich will draußen sein! Immer bin ich
hier eingesperrt. Ich will draußen spielen und meine Freundinnen treffen. So
lange hat mich Liesette Kugeldrache schon nicht mehr besuchen können und Moni
habe ich auch nur kurz vor der Drachenschule gesehen. Und überhaupt ist es sooo
fad!“, brach es aus dem kleinen Drachen hervor.
„Nanu!“, lachte Papa Fridolin und zwinkerte Mama Frieda zu. „Komm
her, Franzi!“
Widerwillig stand Franzi auf und sah Papa Fridolin an. Jetzt
stampfte das Drachenkind auch noch mit der Hintertatze fest auf den Boden. „Da
hat aber jemand ganz schlechte Laune.“, sagte Mama Frieda.
„Weißt du was, Franzi? Sobald sich das Wetter bessert, können
wir einen Ausflug machen. Jetzt ist es zu gefährlich. Du erinnerst dich sicher
noch an Morgana, die sich im Schneesturm verirrt hatte.“, erklärte Papa.
Drachenmama Frieda kam nun mit zwei Bechern Tee zu ihnen. „Ich habe euch Gute -Laune
– Tee gemacht und stelle ihn dort drüben ab“
Drachenpapa Fridolin hob die kleine Franziska vom Hocker,
nahm Franzi an der Vordertatze. Gemeinsam ließen sie sich auf dem Latschenteppich
nieder. „Zeit für eine Geschichte!“, meinte Papa. Franziska klatschte und
Franzi war gar nicht mehr so grummelig. „Erst nehmen wir einen großen Schluck
Gute-Laune-Tee! Und dann geht’s los.“ Gesagt, getan!
Die drei saßen eng beisammen. Papa legte seine Tatzen um die
beiden und drückte sie an sein Schuppenkleid. Hmmm, das tat so gut. Franzi ging
es mit einem Mal viel besser.
Der Drachenvater begann zu erzählen: „Es war einmal ein
kleiner Drache, der lebte im Drachenland in einer Drachenhöhle am Drachensee.
Jeden Tag spielte der kleine Drache am Ufer des Sees, in dem sich kleine
silberne Fische tummelten. Die Sonne brachte die Wasseroberfläche zum Glitzern
und Funkeln. Der kleine Drache fand das wunderschön. Doch eines Tages kamen
dunkle Wolken und verdeckten die Sonne. Es wurde kalt am Drachensee und es begann
zu regnen. Der kleine Drache wurde ungeduldig. Jeden Tag wünschte er sich, dass
doch die Sonne wieder scheinen möge, damit es wieder so schön wäre, wie vorher.
Schließlich hielt es der kleine Drache nicht mehr aus. Er machte
sich auf den Weg, um jemanden zu finden, der ihm helfen konnte. Nachdem er schon
sehr weit gegangen war, kam er an ein mächtiges Schloss. Es war von dicken
Mauern umgeben. Der kleine Drache klopfte am Tor. Plötzlich hörte er eine tiefe
raue Stimme rufen: „Wer will zu mir?“ – Der kleine Drache antwortete zaghaft: „Iiich
bin es, der kleine Drache.“ „Und was willst du?“ tönte es von oben. Der kleine
Drache blickte empor und entdeckte hoch oben im Turm des Schlosses eine dunkle
Gestalt. „Ich suche den Wettermacher. Ich möchte jeden Tag Sonnenschein haben.“,
antwortete der kleine Drache. „Geh hin!“, rief die Gestalt, „Dein Wunsch wurde
bereits erfüllt.“
Als der kleine Drache sich auf den Rückweg machte, schien
bereits die Sonne. Am Drachensee angekommen, war er rundum zufrieden. Die Sonne
schien und schien und schien. Sie schien bei Tag und Nacht. Da wurde es heiß
und immer heißer. Der Drachensee trocknete aus. Die silbernen Fische waren verschwunden.
Da machte sich der kleine Drache wieder auf den Weg zu dem Schloss, in dem der
Wettermacher wohnte.
Wiederum klopfte er an das mächtige Tor. Von drinnen kam die
Frage: „Wer ist da und was willst du?“ Der kleine Drache rief: „Ich suche den
Wettermacher. Er soll die Sonne nicht mehr so viel scheinen lassen. Es ist sehr
heiß geworden. Im Drachensee ist kein Wasser mehr und die silbernen Fische sind
verschwunden. Es soll alles so sein wie vorher.“ – Da öffnete sich das Tor. Die
dunkle Gestalt, die der kleine Drache oben im Turm gesehen hatte, stand vor
ihm. Es war keine große Gestalt. Es war ein kleines Männchen, fast so klein wie
ein Zwerg. Das Männchen war in einen Umhang gehüllt, auf dem seltsame Zeichen
zu sehen waren. „Komm herein!“, forderte der Wettermacher den kleinen Drachen
auf.
Als er in den Hof des Schlosses kam, war der kleine Drache
sehr erstaunt. Es gab einige Winkel und in jedem Winkel war anderes Wetter. In
einem schien die Sonne, im nächsten blies ein scharfer Wind, im dritten regnete
es, im vierten fiel Schnee und im letzten Winkel hing dicker Nebel. Das kleine
Männchen zeigte in die Runde: „Such dir etwas aus! Welches Wetter willst du
haben? Aber bedenke: Fällt immer nur Schnee, wird es kalt und alles wird
zugedeckt. Regnet es immerzu steigen die Wasser in den Flüssen und Seen an und
überschwemmen alles. Gibt es immer nur Nebel oder Wind wird es sehr ungemütlich.
Scheint aber immer nur die Sonne, ja dann… Du weißt bereits, was dann
geschieht.“
Der kleine Drache überlegte. Er dachte daran, was geschehen
war, als nur die Sonne geschienen hatte. Er hatte dem Wettermännchen gut
zugehört. Schließlich sagte er: „Ich wünsche mir von jedem etwas, aber nicht zu
viel.“ Da lachte der Wettermacher: „Das ist eine kluge Entscheidung. Ich werde
mich bemühen und hoffe, dass es mir gelingt.“
Der kleine Drache dankte dem Männchen und machte sich auf
den Heimweg. Er kam durch Gegenden, dort regnete es. Anderswo fiel Schnee und
kurz bevor er wieder an den Drachensee kam, musste er durch einen Wald in dem
der Nebel hing. Wir freute er sich, den Drachensee wiederzusehen. Die Sonne
schien, die silbernen Fische waren zurückgekehrt. Als es Abend wurde und es
Zeit war, sich in die Drachenhöhle zurückzuziehen, zogen Wolken auf. Aber das
störte den kleinen Drachen nicht mehr. Er wusste nun, dass es nicht immer nur
Sonnenschein geben kann, die Sonne sich jedoch immer wieder zeigt.“
Drachenpapa Fridolin beendete die Geschichte. Franzi und
Franziska bedankten sich mit einem Bussi bei Papa. „Ich glaube der
Gute-Laune-Tee und deine Geschichte haben mir geholfen.“, flüsterte Franzi seinem
Papa ins Drachenohr. Rasch hüpfte er zu Drachenmama Frieda, die in der
Zwischenzeit den Brotteig in den Backofen geschoben hatte. Der kleine Drache
drückte sich an sie und schaute zu ihr auf. Er brauchte gar nichts zu sagen.
Mama Frieda lächelte und nickte. Alles war wieder gut. Franzi freute sich auf
den nächsten Tag. Wie würde wohl das Wetter sein? Egal, es gibt auch ein
Schlechtwetterprogramm. Man muss nur überlegen.
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